Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
in der Helmholtz-Gemeinschaft

DLR-ASTROSEMINAR 2013
9. April – 14. Mai 2013
jeweils dienstags 15:30 – 17:00 Uhr
im Casino des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz
»Weißt du, wieviel Sternlein stehen?«
Bild: DLR
Das "Schmuckkästchen" (NGC 4755 oder auch Κ-Crucis-Haufen)
[Photo von Dr. Dieter Willasch - www.astro-cabinet.com]
Di, 9. 4. 2013 1. Unsere Sonne – der Stern, von dem wir leben Prof. Dr. Sami Solanki,
MPS Göttingen
Di, 16. 4. 2013 2. Das Hertzsprung-Russell-Diagramm – der Familienstammbaum der Sterne Prof. em. Dr. Wilhelm Seggewiß,
OHL Daun und Argelander-Institut Bonn
Di, 23. 4. 2013 3. Was den Stern zusammenhält - vom Innenleben der Sterne Prof. Dr. Hans-Joachim Blome,
Fachhochschule Aachen
Di, 30. 4. 2013 4. "Ausgebrannte" Sterne und deren exotische Physik Prof. Dr. Jörn Wilms,
Dr. Remeis-Sternwarte, Bamberg
Di,   7. 5. 2013 5. Die Geschichte der Sternentwicklung im Kosmos Dr. Albrecht Poglitsch,
MPI für extraterrestrische Physik, Garching
Di, 14. 5. 2013 6. Die Herkunft der Sonne Prof. Dr. Susanne Pfalzner,
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Veranstaltungsort: DLR, Köln-Porz (Linder Höhe), Casino
Zeit: 15:30 – 17:00 Uhr
Zeitige Anmeldungen empfohlen bei Frau Sabrina Schmitz (Ruf: 02203 / 601-3490 oder per e-mail)
Programminhalt und Vortragsmoderation in Verantwortung von Dr. Manfred Gaida (Ruf: 0228 / 447-417)
1.  Unsere Sonne – der Stern, von dem wir leben
Prof. Dr. Sami Solanki, MPS Göttingen
Dienstag, 9. April 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Die gleissend helle und heiße Sonne steuert unser Leben auf vielfältige Art und Weise. Am Wichtigsten ist dabei, dass ihre Strahlung die Erde warm hält und sie zur wohligen Wiege des Lebens im kalten und unwirtlichen Weltraum macht. Doch wie funktioniert unser Tagesgestirn genau und wie wirkt sie auf unsere Umwelt und uns ein? Unser Wissen darüber hat sich in den letzten Jahren dank dem Einsatz neuer boden- und weltraumgestützter Teleskope zusehends erweitert. Die Sonne hat uns dabei ihre innersten Geheimnisse, ihre wilden Seiten und ihre magnetische Persönlichkeit offenbart. In dem Vortrag soll ein fundierter, faszinierender Einblick in die vielfältigen, oft dynamischen und manchmal explosiven Phänomene der Sonne und der darunterliegenden Kräfte gegeben werden und auch der Frage nachgegangen werden, wie unser Zentralgestirn die Erde und ihre Bewohner beeinflusst.
Zum Referenten:
Professor Dr. Sami K. Solanki ist Sonnenphysiker und Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystem-forschung (MPS) in Katlenburg-Lindau. Er hat an der ETH in Zürich diplomiert und promoviert. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität St. Andrews in Schottland, einer Gastprofessur an der Universität Utrecht in Holland und einer Professur an der Universität Oulu in Finnland blieb er bis zu seiner Berufung durch die Max-Planck-Gesellschaft an der ETH. Sowohl in Zürich als auch an der der TU Braunschweig erhielt er eine Ehrenprofessur.
Neben der Physik der Sonne, wo er sich hauptsächlich mit dem solaren Magnetismus und dem Einfluss der Sonne auf die Erde befasst, gilt sein wissenschaftliches Interesse dem stellaren Magnetismus, der Suche nach solaren Axionen und astronomischen Tests von Gravitationstheorien. Er hat insgesamt über 300 wissen-schaftliche Publikationen verfasst und zu einer Reihe von Weltraummissionen beigetragen. Professsor Solanki ist Principal Investigator der "Sunrise"-Mission des DLR und der NASA und der spanischen Weltraumorganisation, des SO/PHI Instruments der ESA/NASA Mission Solar Orbiter und Co-Investigator bei diversen Weltrauminstrumenten und dem CERN Axion Solar Telescope. Ferner ist er Editor in Chief der elektronischen Fachzeitschrift "Living Reviews in Solar Physics" und Sprecher der International Max Planck Research School on Physical Processes in the Solar System and Beyond.
2.  Das Hertzsprung-Russell-Diagramm –
der Familienstammbaum der Sterne
Prof. em. Dr. Wilhelm Seggewiß, OHL Daun und Argelander-Institut Bonn
Dienstag, 16. April 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Das Hertzsprung-Russell-Diagramm, kurz HRD, hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem fundamentalen Diagramm der stellaren Astrophysik etabliert. Im 19. Jahrhundert wurde die Fixsternsphäre endgültig aufgelöst: Die Sterne füllen das Weltall in unterschiedlichen Entfernungen und zeigen riesige Helligkeitsunterschiede. Dazu entwickelte sich die Stellarspektroskopie zu einer wichtigen Analysemethode der "Astrophysik", mit deren Hilfe sich zeigen ließ, dass die Sterne unterschiedlich heiß sind und aus den von der Erde bekannten Elementen bestehen. Entsprechend dem Aussehen ihrer Spektren teilte man sie gewissenhaft, aber noch mit etlichen Fragezeichen behaftet, in die verschiedenen Spektralklassen ein.
Um das Jahr 1910 entstand aus den Arbeiten des dänischen Fotochemikers Ejnar Hertzsprung und des amerikanischen Astronomen Henry Norris Russell das wegweisende Diagramm der Stellarastronomie, das einen Bezug zwischen der spektralen Zuordnung bzw. der temperaturabhängigen Farbe der Sterne und ihrer absoluten Helligkeit, d.h. ihrer Leuchtkraft herstellt. Mit den bahnbrechenden Erkenntnissen der Atom- und Kernphysik sollte sich das Diagramm schon bald als ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Sterne und ihrer Entwicklung erweisen. Tatsächlich beschreiben das HRD und ähnliche Diagramme einen momentanen Zustand der Sterne, dem die Fusionsprozesse in ihrem Inneren zugrunde liegen. Versteht man diese Prozesse, kann man im HRD Entwicklungswege fär Sterne bestimmter Massen – zum Beispiel für unsere Sonne – vorherberechnen und auch das Alter von Sternhaufen bestimmen.
Zum Referenten:
Prof. Dr. Wilhelm Seggewiß (Promotion Univ. Münster 1967, Habilitation Univ. Bonn 1977) war langjähriger Leiter des Observatoriums Hoher List der Universitätssternwarte Bonn bei Daun in der Eifel. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Entwicklung massereicher Sterne und das Studium der Populationen in der Galaxis und den Nachbargalaxien. Mit Hilfe von Satellitenbeobachtungen konnten die Ultraviolettspektren heißer Sterne gedeutet werden. Beobachtungen mit dem HIPPARCOS-Satelliten konnten das kinematische Verhalten dieser Sterne in unserer Galaxis aufklären. Überdies zählen auch Aspekte der Astronomiegeschichte (Astronomie im 15. und 16. Jh., Untersuchung historischer Himmelsgloben) zu seinen Arbeitsgebieten. Ferner ist Professor Seggewiß in der Lehrerfortbildung engagiert.
3.  Was den Stern zusammenhält - vom Innenleben der Sterne
Prof. Dr. Hans-Joachim Blome, Fachhochschule Aachen
Dienstag, 23. April 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Vergänglichkeit ist eine Grunderfahrung des Menschen. Aber auch Sterne sind nicht für die Ewigkeit geschaffen. Die Geschichtslosigkeit des Himmels ist eine optische Täuschung. Sterne entstehen und vergehen. Die Infrarotastronomie entschleiert die Geburt der Sterne aus diffuser Materie durch Gravitationsinstabilität im Innern von Molekülwolken und das oft explosive Ende eines Sternlebens kann durch die heutige Multifrequenzastronomie in vielen Wellenlängenbereichen beobachtet werden. Sterne sind kugelförmige Objekte, zusammengehalten durch die Schwerkraft, die ihre im Zentrum durch thermonukleare Reaktionen freigesetzte Energie an der Oberfläche in Form elektromagnetischer Strahlung abgeben. Die Stabilität und Entwicklung der Sterne resultiert aus dem Zusammenspiel von Gravitation, thermischem Druck und den subatomaren Wechselwirkungen. Immer dann, wenn der nukleare Brennstoff, beginnend mit Wasserstoff im Zentrum erschöpft ist, schrumpft der Stern, erhöht dabei seine Temperatur und die thermonukleare Fusion setzt sich fort. Die inneren Zonen des Sterns reichern sich dabei sukzessiv mit schwereren Elementen an - bis hin zum Eisen. Die längste Phase ist die thermonukleare Fusion von Wasserstoff zu Helium. In diesem Stadium befindet sich gegenwärtig auch die Sonne.
Ein Verständnis der Sterne wurde erst möglich durch die moderne Physik. Das betrifft sowohl die Energieerzeugung als auch den Strahlungstransport und die Analyse des Spektrums mit Hilfe von Atomphysik und Quantentheorie. Ohne Relativitätstheorie wäre die Energiequelle der Sterne (Umwandlung von Masse in Energie gemä/szlig; E = mc2) unverständlich geblieben und ohne Quantentheorie (Tunneleffekt) gäbe es keine Erklärung für die Überwindung der elektrischen Abstoßung der Atomkerne, die Voraussetzung der thermonuklearen Fusion ist.
Wie der Kosmos, so existieren auch die Sterne im Horizont der Zeit. Die Resultate ihrer Geschichte, die schweren chemischen Elemente (z.B. Kohlenstoff, Sauerstoff, Eisen), sind Voraussetzung unserer Existenz. Aus kosmischer Perspektive sind wir Sternenstaub.
Zum Referenten:
Prof. Dr. Hans-Joachim Blome war langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Astrophysik der Universität Bonn und beim DLR. Seit 1999 lehrt und forscht er als Professor an der Fachhochschule Aachen im Fachbereich der Raumfahrttechnik. Seine Arbeitsgebiete sind die Gravitationsphysik, Raumflugdynamik und Kosmologie. Professor Blome hat zahlreiche wissenschaftliche und populäre Veröffentlichungen auf diesem Gebiet verfasst wie "Der Urknall" von Blome / Zaun, erschienen im C.H. Beck-Verlag.
4.  "Ausgebrannte" Sterne und deren exotische Physik
Prof. Dr. Jörn Wilms, Dr. Remeis-Sternwarte, Bamberg
Dienstag, 30. April 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Schwarze Löcher gehören sicherlich zu den faszinierendsten und berühmtesten Vorhersagen der Relativitätstheorie. Gleichzeitig gehören sie aber auch zu den einfachsten physikalischen Objekten, da sie durch ihre Masse und ihren Drehimpuls vollständig beschreibbar sind.
Der Vortrag zeigt auf, wie in der Astronomie Schwarze Löcher und die ihnen in vielerlei Hinsicht eng verwandten Neutronensterne gefunden und studiert werden. Dabei werden Beobachtungen aus allen Wellenlängenbereichen genutzt, angefangen mit Messungen mit Radioteleskopen über die Nutzung von Daten von Satelliten wie XMM-Newton, Chandra und Suzaku bis hin zu Beobachtungen bei den höchsten Energien im Gamma-Bereich. Der Vortrag wird zeigen, dass "ausgebrannte" Sterne zwar nicht mehr selbst Energie erzeugen, aber dennoch zu den leuchtkräftigsten Objekten im Universum gehören.
Zum Referenten:
Professor Dr. Jörn Wilms ist Lehrstuhlinhaber für Astronomie und Astrophysik an der Dr. Remeis-Stern-warte in Bamberg, dem Astronomischen Institut der Universität Erlangen-Nürnberg und am Erlangen Centre for Astroparticle Physics. Nach Studium in Tübingen und Boulder, Colorado, war er ab 2004 an der University of Warwick, Coventry, Grossbritannien, tätig, bevor er im Sommer 2006 an die Universität Erlangen-Nürnberg wechselte. Hauptgebiet seiner Forschungstätigkeit sind ausgefallene Objekte im Universum wie Neutronensterne und Schwarze Löcher.
5.  Die Geschichte der Sternentwicklung im Kosmos
Dr. Albrecht Poglitsch, Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Dienstag, 7. Mai 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Sterne haben eine endliche Lebensdauer, also einen Anfang und ein Ende. Somit stellt sich auch die Frage, ob Sterne seit Anbeginn des Universums in einem kontinuierlichen Prozess entstanden und vergangen sind oder ob es etwa besonders intensive "heiß:e" Phasen der Sternentstehung gab. Ebenso möchte man gerne herausfinden, wann überhaupt die ersten Sterne im Universum aufgeleuchtet sind. Da Sternentstehung mit der Konzentration von Gas unter dem Einfluss von Gravitation und weiteren Mechanismen verknüpft ist, hängt sie generell mit der Entstehung und dem Wachstum von Strukturen auf allen kosmischen Maßstäben zusammen.
Der Vortrag stellt die heute gängigen Ansichten zu diesen Themen vor und konzentriert sich vor allem auf die Ergebnisse von wellenlängenübergreifenden Beobachtungen, die zu diesen Auffassungen geführt haben bzw. mit denen sie sich überprüfen lassen. Dazu gehören sowohl "archäologische" Methoden, mit denen sich in unserer näheren kosmischen Umgebung Spuren etwaiger früherer Sternentstehungsphasen nachweisen lassen, als auch die Methode, durch die Untersuchung von Galaxien bei unterschiedlich hoher Rotverschiebung solche Vorgänge quasi per Zeitmaschine direkt zu beobachten.
Zum Referenten:
Dr. Albrecht Poglitsch forscht am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und befasst sich mit der beobachtenden Astronomie im fernen Infrarot und insbesondere auch mit der Entwicklung der dazu benötigten Instrumentierung. Er ist unter anderem der wissenschaftliche Leiter des PACS-Instruments auf der ESA-Mission "Herschel", bei der die Sternentstehung auf allen Skalen im Universum eines der Hauptthemen ist, und war verantwortlich für die Entwicklung eines der Instrumente für das Stratosphärenflugzeugobservatorium "SOFIA" von NASA und DLR.
Als Mitglied des "Space Science Advisory Committee" der ESA wirkt er an der Definition zukünftiger Wissenschaftsmissionen mit.
6.  Die Herkunft der Sonne
Prof. Dr. Susanne Pfalzner, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Dienstag, 14. Mai 2013, 15:30 – 17:00 Uhr
Unser Planetensystem birgt auch heute noch Spuren, die auf die turbulenten Umstände seiner Entstehung vor 4,6 Milliarden Jahren rückschließen lassen. Die Sonne entstand in einem Sternhaufen in der Nähe eines kurzlebigen Riesensterns, der als Supernova explodierte. Wie alle Sterne war auch unsere Sonne zunächst von einer aus Gas und Staub bestehenden Scheibe, aus der sich die Planeten bilden konnten, umgeben. Die unerwartete Massenverteilung dieser Scheibe ist Hinweis auf die nahe Begegnung der Protosonne mit einem anderen Stern des Haufens. Die Stellardynamik des solaren Geburtshaufens wird am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Modellrechnungen untersucht. Hiermit ist es möglich recht genaue Aussagen über die Umgebung der Sonne während der ersten fünf Millionen Jahre nach ihrer Entstehung zu. Dieser Zeitraum ist gewissermaßen die frühe Kindheit der Sonne, wenn man bedenkt, dass sie heute etwa 1000 mal so alt ist.
Zur Referenten:
Frau Prof. Dr. Susanne Pfalzner hat an der FH Darmstadt Physik studiert und dort auch im Jahr 1989 promoviert. Sie forschte danach als Wissenschaftlerin am Rutherford Appleton Laboratory in England und bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt auf dem Gebiet der Plasmaphysik, bevor sie sich dann an der Universität Jena der Astrophysik zuwandte und sich darin im Jahr 2000 habilitierte. Anschließend arbeitete Sie als Dozentin an der Universität zu Köln, wo sie im Jahre 2008 zur außerplanmäßigen Professorin ernannt wurde. Seit 2011 leitet sie die Minerva-Gruppe "Star and planet formation in massive star clusters" am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

Veranstaltungsort: DLR, Köln-Porz (Linder Höhe), Casino
Zeit: 15:30 – 17:00 Uhr
Zeitige Anmeldungen empfohlen bei Frau Sabrina Schmitz (Ruf: 02203 / 601-3490 oder per e-mail)
Programminhalt und Vortragsmoderation in Verantwortung von Dr. Manfred Gaida (Ruf: 0228 / 447-417)

2013 März 1 - Dr. Jürgen Wirth